In letzter Zeit wird immer wieder in der Presse das Thema "Flaschenverschlüsse beim Wein" kommentiert.
Da die Kommentatoren uns aus der Seele sprechen, möchten wir sie Ihnen nicht vorenthalten.
klartext
Hört endlich auf mit Kork!
Es wird Zeit für den Wechsel. Welchen Wert hatte Ihre letzte
() Flasche, die Sie wegen Korkschmecker ausgiessen mussten? Ein Klacks jedenfalls gegen die 100 Millionen Euro, die weltweit aus ebendiesem Grund jährlich im Ausguss landen. Ein Plädoyer für den Drehverschluss.
Kor ist ein wunderbares Material. Man kann damit sehr schöne, ökologisch hochwertige Fussböden herstellen oder Häuser wirkungsvoll isolieren. Aber wir wissen längst: Im Hals einer Weinflasche hat Kork nichts mehr zu suchen. Obwohl uns die Korkindustrie seit bald zehn Jahren mit viel Werbegeld eintrichtert, dass die Korkproblematik endgültig gelöst sei, zeigen Untersuchungen von Sommeliers und Weinhändlern, dass noch immer zwischen vier und zwölf Prozent der im Handel erhältlichen Weine mit Trichloranisol (TCA) kontaminiert sind. In unserer heutigen, konsequent auf Qualitätsoptimierung getrimmten Welt ist es nicht mehr tolerierbar, ein solch immenses Schadenvolumen für etwas Weinromantik zu akzeptieren. Denn hinter dem lustigen «Plopp» des Korkens stehen verdorbene Weine in einem Wert von weltweit über 100 Millionen Euro jährlich. Und nur ein kleiner Teil dieses Schadens ist gedeckt.
Auch die idyllischen Schilderungen, wonach vor allem grosse Rotweine jahrelang im Keller durch den Kork «atmen» müssen, um ihre optimale Genussreife zu erreichen, ist längst als Märchen entlarvt worden. »Ein einwandfreier Naturkork atmet nicht, er dichtet zu 100 Prozent ab», sagt Monika Christmann, Professorin an der Forschungsanstalt Geisenheim, klipp und klar. Somit benötigt Wein für die Reife keinen von aussen in die Flasche dringenden Sauerstoff; das bisschen Luft, das sich mit dem Wein im Glas befindet, reicht dafür völlig aus.
Atmender Kork: ein Ammenmärchen
Schon seit längerem zeichnet sich ab, dass der Drehverschluss der beste und kostengünstigste Verschluss für Weinflaschen ist. Dank verbessertem Design sehen Modelle wie »Stelvin lux+» oder »LongCap» inzwischen auch genauso gut aus wie Korkverschlüsse. Nicht wenige Weinliebhaber haben denn auch schon
versucht, ihren Korkzieher in diese Metallverschlüsse zu drehen, weil sie der Meinung waren, es handle sich um die Kapselabdeckung eines Korks...
Leider werden Drehverschlüsse noch immer vor allem für billigere Weine verwendet. Das ist paradox, denn eigentlich müsste das Gegenteil der Fall sein. Bei einem Billigwein ist der Schaden durch einen Korkschmecker entsprechend gering. Doch was ist mit der Magnum-Flasche 1995er Chäteau Ptrus, die ein Liebhaber für 4000 Euro ersteigert hat und deren Inhalt dann so nach Kork stinkt, dass es einem schon beim Riechen schlecht wird? Niemand wird einem den Verlust ersetzen, denn womöglich existiert der Händler, der den Wein ursprünglich in den Handel gebracht hat, gar nicht mehr...
Her mit dem Drehverschluss!
Wie immer haben die Winzer der Neuen Welt das Problem als Erste erkannt. Der renommierte australische Produzent Penfolds hat dieses Jahr erstmals einen Teil seines Kultweins Grange - der im Handel nicht unter 200 Euro pro Flasche erhältlich ist - mit Drehverschluss abgefüllt. Es wäre an der Zeit, dass die führenden Produzenten in Italien, Spanien und Frankreich diesem Beispiel folgen. In einer Zeit, wo sich die Standards in Beruf und Privatleben in rasender Geschwindigkeit ändern, ist der Wechsel vom Kork zum Drehverschluss dem Weinliebhaber zumutbar. Ich bin mir sicher: Schon nach wenigen Monaten werden auch die Geniesser von Premiers Crus aus Bordeaux bedauern, dass die Umstellung nicht schon viel, viel früher erfolgt ist. Denn liegen die teuren Prestigeweine mit Drehverschluss im Keller, ist es vorbei mit nächtlichen Korkalpträumen. Und in den Flaschen ist endlich das drin, was auch drin sein soll!
thomas.vaterlaus@vinum.ch
www.vinum.de
Quellenangabe:
Thomas Vaterlaus, VINUM, Europas Weinmagazin
In der VINUM-Rubrik «klartext» äussern Autoren ihre persönliche Meinung zu aktuellen Wein-Themen.
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors
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